Wortlaut: Der vorbereitete Papst-Text zur Generalaudienz
Liebe Brüder und Schwestern,
wir setzen unsere Betrachtungen der Begegnungen Jesu mit einigen Figuren des Evangeliums fort. Dieses Mal möchte ich mich auf die Figur des Zachäus konzentrieren: eine Episode, die mir besonders am Herzen liegt, weil sie einen besonderen Platz auf meinem geistlichen Weg einnimmt.
Das Lukasevangelium stellt uns Zachäus als jemanden vor, der hoffnungslos verloren scheint. Vielleicht fühlen auch wir uns manchmal so: hoffnungslos. Zachäus hingegen entdeckte, dass der Herr bereits auf der Suche nach ihm war.
Jesus geht zu denen, die hoffnungslos sind
Jesus ist nämlich nach Jericho hinabgestiegen, einer Stadt, die unter dem Meeresspiegel liegt und als Abbild der Unterwelt gilt, wohin Jesus gehen will, um diejenigen zu suchen, die sich verloren fühlen. Und so steigt der Auferstandene auch in die heutige Unterwelt hinab: An die Orte des Krieges, zum Schmerz der Unschuldigen, in die Herzen der Mütter, die ihre Kinder sterben sehen, zum Hunger der Armen.
Zachäus hat sich in gewisser Weise verloren, vielleicht hat er falsche Entscheidungen getroffen, vielleicht hat das Leben ihn in Situationen gebracht, aus denen er sich nur mit Mühe befreien kann. Lukas insistiert, die Eigenschaften dieses Mannes zu beschreiben: Er ist nicht nur ein Zöllner, also einer, der die Steuern seiner Mitbürger für die römischen Invasoren eintreibt, sondern er ist sogar der Anführer der Zöllner - als wollte er sagen, dass sich seine Sünde vervielfacht.
Lukas fügt dann hinzu, dass Zachäus reich ist, und lässt durchblicken, dass er auf Kosten der anderen reich geworden ist und seine Stellung missbraucht hat. Aber all das hat Folgen: Zachäus fühlt sich wahrscheinlich ausgegrenzt und von allen verachtet.
Als er hört, dass Jesus in die Stadt kommt, verspürt Zachäus den Wunsch, ihn zu sehen. Er wagt es nicht, sich eine Begegnung vorzustellen; es würde ihm genügen, ihn aus der Ferne zu betrachten. Aber auch unsere Sehnsüchte stoßen auf Hindernisse und werden nicht automatisch erfüllt: Zachäus ist klein! Das ist auch unsere Realität: Wir haben Grenzen, mit denen wir umgehen müssen. Und dann sind da noch die anderen, die uns manchmal nicht helfen: Die Menge hindert Zachäus daran, Jesus zu sehen. Vielleicht ist es auch ein bisschen ihre Rache.
Aber wenn man einen großen Wunsch hat, gibt man nicht auf. Man findet eine Lösung. Dazu braucht man Mut und darf sich nicht schämen, man braucht etwas von der Einfachheit der Kinder und muss sich nicht zu sehr um sein eigenes Image sorgen. Zachäus klettert, wie ein Kind, auf einen Baum. Es muss ein guter Aussichtspunkt gewesen sein, vor allem um zu beobachten, ohne - hinter Laub versteckt - selbst gesehen zu werden.
Jesus tut Unerwartetes
Aber mit dem Herrn geschieht immer etwas Unerwartetes: Als Jesus sich nähert, schaut er auf. Zachäus fühlt sich entdeckt und erwartet wahrscheinlich eine öffentliche Zurechtweisung. Die Menschen mögen darauf gehofft haben, aber sie werden enttäuscht: Jesus bittet Zachäus, sofort herunterzukommen, ist fast überrascht, ihn auf dem Baum zu sehen, und sagt ihm: „Ich muss heute in deinem Haus bleiben.“ (Lk 19,5). Gott kann nicht vorbeigehen, ohne nach den Verlorenen zu suchen.
Lukas hebt die Freude im Herzen von Zachäus hervor. Es ist die Freude eines Menschen, der sich gesehen, anerkannt und vor allem vergeben fühlt. Der Blick Jesu ist nicht vorwurfsvoll, sondern erbarmungsvoll. Es ist diese Barmherzigkeit, die wir manchmal nur schwer annehmen können, besonders wenn Gott denen vergibt, die es unserer Meinung nach nicht verdient haben. Wir murren, weil wir der Liebe Gottes Grenzen setzen wollen.
Von Zachäus lernen
In der Szene in seinem Haus steht Zachäus auf, nachdem er Jesu Worte der Vergebung gehört hat, als würde er einer Verurteilung zum Tode entgehen. Und er erhebt sich, um eine Verpflichtung einzugehen: das Vierfache dessen zurückzugeben, was er gestohlen hat. Es geht nicht um einen Preis, der zu zahlen ist, denn die Vergebung Gottes ist kostenlos, sondern um den Wunsch, den nachzuahmen, von dem er sich geliebt fühlte. Zachäus geht eine Verpflichtung ein, zu der er nicht verpflichtet war, aber er tut es, weil er weiß, dass dies seine Art zu lieben ist. Und er tut es, indem er sowohl die römische Gesetzgebung zum Diebstahl als auch die rabbinische Gesetzgebung zur Buße miteinander verbindet.
Zachäus ist also nicht nur ein Mann, der Wünsche hat, sondern auch einer, der konkrete Schritte zu tun weiß. Sein Vorschlag ist nicht allgemein oder abstrakt, sondern Teil seiner Geschichte: Er hat auf sein Leben geschaut und den Punkt gefunden, an dem er seinen Wandel beginnen kann.
Liebe Brüder und Schwestern: Lernen wir von Zachäus, nicht die Hoffnung zu verlieren, auch wenn wir uns ausgeschlossen oder unfähig zu verändern fühlen. Nähren wir unseren Wunsch, Jesu zu begegnen, und vor allem, lassen wir uns von der Barmherzigkeit Gottes finden, der uns immer sucht, in welcher Lage auch immer wir uns verloren haben.
(vatican news - sst)
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