Rom: Kardinal Sandri feiert fünfte Trauermesse für Papst Franziskus
Die Messe für den verstorbenen Papst wurde von dem eremitierten Kurienkardinal Leonardo Sandri zelebriert, der wie Franziskus aus Argentinien stammt. In seiner Predigt betonte er, dass sein Landsmann einen Titel des Bischofs von Rom besonders intensiv gelebt habe: Servus Servorum Dei, Diener der Diener Gottes. Die anwesenden Kardinäle erinnerte Sandri daran, dass sie als Nachfolger der Apostel nicht vergessen dürften, dass „herrschen dienen heißt“.
Lesen Sie hier im Wortlaut den Text der Predigt, die Kardinal Sandri diesen Mittwoch im Petersdom gehalten hat:
Verehrte Brüder Kardinäle,
Schwestern und Brüder im Herrn!
1. Christus ist auferstanden! Mit noch größerer Ergriffenheit singen wir in einer Gedenkfeier wie der Novendiale das Oster-Halleluja, den Gesang, der aus dem Mund des Diakons erklang: „Nuntio vobis gaudium magnum quod est Alleluia“, auch in dieser Basilika, die wenige Augenblicke vor der Vigil vom Heiligen Vater Franziskus besucht worden war. Ohne es zu wissen, bereitete er sich darauf vor, ein anderes Rotes Meer zu durchqueren, eine andere Nacht, die wir dank der Auferstehung Christi als selig bezeichnen können, die Nacht, von der es heißt: „et nox sicut dies illuminabitur“ [und die Nacht wird hell wie der Tag].
In wenigen Tagen wird der Kardinalprotodiakon eine ähnliche Formel verwenden, um der Kirche und der Welt die gaudium magnum zu verkünden, einen neuen Papst zu haben: Aus der österlichen Erfahrung Christi heraus findet das Amt des Nachfolgers Petri seinen Sinn, der zu jeder Zeit berufen ist, die soeben im Evangelium gehörten Worte zu leben: „Und wenn du wieder umgekehrt bist, dann stärke deine Brüder“. Petrus stärkt seine Brüder im Glauben, dass der Gekreuzigte der Auferstandene ist, der für immer Lebendige. Die Feier der Novemdiale für den verstorbenen Papst ist für verschiedene Gruppen und Zugehörigkeiten die Vollziehung eines christlichen Bittritus: idealerweise ruft uns der Nachfolger Petri auch auf diese Weise zusammen, um uns zu stärken, gerade weil wir unser Bekenntnis zum Glauben an die Auferstehung des Fleisches, an die Vergebung der Sünden, auch der eines Mannes, der Papst geworden ist, erneuern und uns erneut bewusst werden, dass die Einheit der Geschichte jedes Menschen in den Händen Gottes liegt.
2. Heute sind die Kardinäle aufgerufen, an den Novendiali teilzunehmen, die fast eine zentrale Etappe dieses kirchlichen Weges darstellen, indem sie sich als Kollegium im Gebet vereinen und dem Herrn denjenigen anvertrauen, dessen erste Mitarbeiter und Berater sie in der Römischen Kurie wie in den Diözesen der ganzen Welt waren oder zumindest zu sein versucht haben. In ideeller Weise jedoch trägt jeder von uns, verehrte Brüder, die Menschen in sich, für die und mit denen er seinen Dienst zu leben berufen ist: von Tonga mit den Pazifikinseln bis zu den Steppen der Mongolei, vom alten Persien mit Teheran bis zu dem Ort, an dem die Verkündigung des Heils ihren Ursprung hatte, Jerusalem, von den einst blühenden Stätten des Christentums, die heute Heimat einer kleinen Herde sind, in einigen Fällen vom Martyrium gezeichnet, wie Marokko und Algerien, um nur einige Koordinaten der Geografie zu nennen, die der Heilige Vater in den letzten Jahren durch häufige Konsistorien skizziert hat.
An all diesen Orten und Kontinenten, wie auch in den verbindenden Räumen, die die Büros des Staatssekretariats und der Römischen Kurie sind, sind wir als Nachfolger der Apostel jeden Tag aufgerufen, uns daran zu erinnern und bewusst zu leben, dass „herrschen dienen heißt“, wie der Meister und Herr, der unter uns ist als der, der bedient.
Diener der Diener Gottes
3. Einer der Titel, die die Tradition dem Bischof von Rom verleiht, ist nämlich der des Servus Servorum Dei [Diener der Diener Gottes], der dem heiligen Gregor dem Großen schon lieb war, als er noch Diakon war, um an diese unveränderliche Wahrheit zu erinnern: Die Liturgie erinnert uns daran in den äußeren Zeichen, wenn wir bei den feierlichsten Zeremonien unter der Kasel die Tunika tragen, die daran erinnert, dass wir immer Diakone, also Diener bleiben müssen. Papst Franziskus hat dies gelebt, indem er verschiedene Orte des Leidens und der Einsamkeit gewählt hat, um während der Heiligen Messe am Gründonnerstag die Fußwaschung zu vollziehen, aber auch indem er niederkniete und den Führern des Südsudans die Füße küsste und um das Geschenk des Friedens flehte, mit derselben Haltung, die viele als skandalös empfanden, die aber zutiefst evangeliumsgemäß ist, und mit der der heilige Paul VI. vor fünfzig Jahren am 4. Dezember in der Sixtinischen Kapelle niederkniete und Meliton, dem Metropoliten von Chalcedon, die Füße küsste. Die Tradition der Kirche, liebe Mitbrüder Kardinäle, teilt uns in drei Stände ein: Bischöfe, Priester und Diakone, aber wir alle sind dennoch zum Dienst berufen, indem wir das Evangelium usque ad effusionem sanguinis [bis zum Blutvergießen] bezeugen, wie wir es am Tag unserer Erhebung zum Kardinal gelobt haben und wie es die purpurrote Farbe, die wir tragen, bezeichnet, indem wir uns gemeinsam und einzeln als erste Mitarbeiter des Nachfolgers des heiligen Apostels Petrus hingeben.
4. Die erste Lesung aus der Apostelgeschichte führt uns zurück zum Abendmahlssaal in Jerusalem, wo sich Juden aus allen Nationen unter dem Himmel versammelt haben. Petrus ergreift das Wort, um zu rechtfertigen, was geschehen ist: Die Apostel sind nicht betrunken und reden nicht Unsinn, sondern gerade weil sie von jener sobria ebrietas [nüchternen Trunkenheit] des Geistes erfüllt sind, wie sie später in der patristischen Literatur genannt werden wird, können sie auch von verschiedenen Völkern in ihrer jeweiligen Sprache verstanden werden. Es ist bezeichnend, dass diese Lesung für die Novemdiale gewählt wurde: Sicherlich bezieht sie sich auf den Apostel Petrus, da es sich um seine erste Rede handelt, aber der Kontext ist der des gerade vergangenen Pfingstfestes. Der zeitliche Bezug, den Lukas angibt, ist „Als der Tag des Pfingstfestes gekommen war“. Was bedeutet dieses „gekommen war“? Es ist gleichzeitig ein Ende, ein Erreichen der Vollendung und damit ein Neuanfang. Der Evangelist verwendet hier dasselbe Verb, das er in Kapitel 9 des Evangeliums verwendet hatte, als Jesus nach der Verklärung vom Berg herabstieg und „die Tage, in denen er erhöht werden sollte, sich erfüllten“, sein Gesicht verhärtete und sich nach Jerusalem begab, wo sich die Schriften über ihn erfüllen würden, wie er später den verwirrten Jüngern auf dem Weg nach Emmaus in Erinnerung rief. Nach dem Höhepunkt der Verklärung folgt der Weg zur Erfüllung der Prophezeiungen in Jerusalem zu Ostern; nach Ostern das Warten auf den Heiligen Geist zu Pfingsten, mit der Fülle der Gabe des Heiligen Geistes der Beginn der Kirche. Wir erleben den Übergang zwischen dem Ende des Lebens des Nachfolgers Petri, Papst Franziskus, und der Erfüllung der Verheißung, dass die Kirche Christi mit der neuen Ausgießung des Heiligen Geistes ihren Weg unter den Menschen mit einem neuen Hirten fortsetzen kann. Aber welche Prophezeiung erfüllt sich zu Pfingsten? Diejenige, die in der liturgischen Perikope ausgelassen wurde, die aber Papst Franziskus so sehr am Herzen lag und die er so oft zitierte, die im dritten Kapitel des Buches Joel steht: „Ich werde meinen Geist ausgießen über alles Fleisch. Eure Söhne und Töchter werden Propheten sein, / eure Alten werden Träume haben / und eure jungen Männer haben Visionen. ... Jeder, der den Namen des HERRN anruft, wird gerettet..“ Unser lieber Heiliger Vater wiederholte sie gerne, um über die Begegnung und den Dialog zwischen den Generationen zu sprechen, über die Notwendigkeit, dass die Älteren den Jungen ihre Träume erzählen und dass diese mit ihrer Energie und ihrer Vision mit Gottes Hilfe in die Tat umsetzen können. „Es gibt keine Zukunft ohne diese Begegnung zwischen Alten und Jungen; es gibt kein Wachstum ohne Wurzeln, und es gibt keine Blüte ohne neue Triebe. Niemals Prophetie ohne Erinnerung, niemals Erinnerung ohne Prophetie; und sich immer begegnen“. In gewisser Weise hinterlässt Papst Franziskus diese Worte auch dem Kardinalskollegium, das sich aus jungen und älteren Mitgliedern zusammensetzt, in dem sich alle von Gott lehren lassen können, den Traum, den Er für seine Kirche hat, erahnen und mit jugendlicher und neuer Begeisterung versuchen können, ihn zu verwirklichen.
Den Weg der Hoffnung gehen...
5. In der Bulle zur Ausrufung des Jubiläums hat Papst Franziskus eine Vision, einen Traum aufgezeigt, auf den wir uns bereits vorbereiten müssen und der dem neuen Papst anvertraut werden wird: „Zugleich wird dieses Heilige Jahr den Weg zu einem weiteren grundlegenden Ereignis für alle Christen weisen: Im Jahr 2033 feiern wir die Erlösung durch Leiden, Tod und Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus vor 2000 Jahren. Wir stehen also vor einem durch große Etappen gekennzeichneten Weg, auf denen die Gnade Gottes dem Volk, das eifrig im Glauben, tätig in der Nächstenliebe und standhaft in der Hoffnung wandelt, zuvorkommt und es begleitet (vgl. 1 Thess 1,3)“. In geistlicher Weise werden wir alle Pilger auf den Straßen des Heiligen Landes nach Jerusalem sein, um vom Heiligen Grab aus der Welt zu verkünden – in der Hoffnung, dies gemeinsam mit allen Brüdern und Schwestern tun zu können, die durch eine einzige Taufe geweiht sind: „Der Herr ist wahrhaft auferstanden und ist dem Simon erschienen!“
6. Herr, wir vertrauen dir deinen Diener Papst Franziskus an, damit du ihn nun in deiner Gegenwart mit Freude erfüllst, und wir bitten dich um die Gnade, seine Vision von einer Kirche zu verwirklichen, die das Geheimnis Christi, des Gekreuzigten und Auferstandenen, verkündet! Maria, Mutter Gottes und Mutter der Kirche, bitte mit deinem Gebet für den, der so sehr deinen liebevollen Blick auf sich richten wollte und nun in der dir geweihten Basilika ruht. So sei es.
(vaticannews - skr/übersetzung: Melanie Rosenbaum)
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