Franziskaner zu Papst Franziskus: Namenswahl hat sehr geprägt
Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt
Br. Thomas Freidel OFM Conv.: Dass ein Jesuit und somit eben auch ein Ordensmann, so wie wir Franziskaner auch, Papst wurde, das war alleine schon eine große Überraschung und noch mehr natürlich, dass er sich den Namen Franziskus gegeben hat. Warum er das getan hat, hat er ja dann auch immer wieder deutlich gemacht: Franz von Assisi, für ihn der Mensch des Friedens, der Mann der Armen, der auf die am Rande schaut, der sich für Frieden und Gerechtigkeit einsetzt, das hat sein ganzes Pontifikat durchzogen und hat sich nach außen hin auch gezeigt durch seine sechs Besuche hier in Assisi.
Sechs Assisi-Besuche
Sechs Mal ist Papst Franziskus hier gewesen, immer mit besonderen Themen, mit einer besonderen Akzentsetzung. Und so hat er auch immer die Verbindung zu unserer franziskanischen Ordensfamilie gehalten.
Gleich in seinem ersten Amtsjahr am Franziskusfest, dann auch zum interreligiösen Gebet, dann zur Unterzeichnung der Enzyklika ,Fratelli Tutti` und zu verschiedenen anderen Anlässen - zum letzten Mal dann bei dem Treffen von jungen Wirtschaftsmanagern aus aller Welt, Economy of Francesco, wo er den angehenden Führungskräften in der Wirtschaft Impulse gegeben hat.
Viele Franziskaner wurden Bischöfe, einige auch Kardinal unter Franziskus
Was noch dazu kam, für uns eine ungewohnte Sache, denn in früheren Zeiten war es nur in Ausnahmefällen, aber er hat einige Mitbrüder von uns zu Kardinälen erhoben. Gerade wir Franziskaner-Minoriten, wir sind mit Abstand die kleinste Gruppe im franziskanischen Männerorden, und er hat, wenn ich recht gezählt habe, 13 Mitbrüder von uns zu Bischöfen ernannt und drei von ihnen zu Kardinälen. So was gab es also noch nie. Das lag sicher daran, dass er einen bestimmten Personen-Typus gesucht hat, und den hat er wohl in den Reihen der Ordensleute, bei uns und anderswo, gefunden.
Radio Vatikan: Wie wurde die Todesnachricht am Ostermontag in Assisi aufgenommen?
Bruder Thomas: Die Nachricht vom Tod von Papst Franziskus hat uns natürlich genauso getroffen wie alle anderen auch. Natürlich war es vielleicht auch vorhersehbar. Er war schwer krank, er war lange Zeit im Krankenhaus. Man hatte dann doch noch die Hoffnung, dass es ihm noch mal besser geht. Aber wir waren uns eigentlich alle auch einig, es hat sich irgendwie auch so gefügt am Ende: Die Menschen haben ihn noch mal gesehen und erlebt am Ostertag und dann dieser doch überraschende Heimgang von ihm. Aber letztendlich doch alles in einer stimmigen Art und Weise.
Gestern hatten wir in der Basilika ein großes Requiem mit unserem Erzbischof von Assisi und im ganzen Orden. Bei uns ist natürlich die Anteilnahme groß. Unsere Mitbrüder aus Argentinien, wir haben drei hier bei uns in Assisi, die ihn alle noch persönlich von früher her kannten, als er noch Bischof dort war, sind dann auch gestern schon nach Rom gefahren, um sich da noch mal von ihm persönlich zu verabschieden - die bewegt das natürlich ganz besonders. So sind wir vereint mit allen anderen, die jetzt hier verbunden sind, in der Trauer, aber auch in der Dankbarkeit. Und gerade er, der sich nach Franz von Assisi benannte, für ihn ist jetzt eben ,Sorella morte - Schwester Tod' als Pforte zum ewigen Leben aufgegangen. Und das ist ja unsere Hoffnung, aus der wir alle, wie Papst Franziskus auch, leben.
Der Name war Programm
Radio Vatikan: Und was bleibt aus franziskanischer Sicht, besonders von diesem Papst, der sich als erster nach dem heiligen Franz von Assisi benannt hat?
Bruder Thomas: In den Gesprächen mit den Menschen auch hier in Assisi, mit den Leuten, die hierher kommen, kam immer wieder diese Formulierung: Der neue Papst. Ich habe dann oft gesagt: ,Ja, bitte, was heißt neu? Er ist jetzt schon zehn Jahre im Amt, so in etwa. Aber das drückt etwas aus, was die Menschen empfunden haben. Er ist so etwas Neuartiges gewesen in der Geschichte der Kirche. Wie er das Papstamt ausgeübt hat, die Akzente, die er gesetzt hat, die Gesten von ihm, das war wirklich für viele neu. Da kann man dann fast auc h schon eine Parallele zu Franz von Assisi ziehen. Er hat auch vieles anders gemacht zu seiner Zeit, hat eine neue Art von Ordensleben in der Kirche sozusagen erfunden, die Gemeinschaft von Brüdern, die keine Mönche und keine Chorherren sind, sondern die unter den Menschen leben und eher durch das Leben verkünden als als durch die Worte. So hat es Franz von Assisi gewollt.
Und auch das ist wiederum etwas, was dann wieder mit Papst Franziskus zu tun hat: Seine Gesten, wie er mit den Menschen umgegangen, auf sie zugegangen ist, das wird wohl mehr noch in einem kollektiven Gedächtnis bleiben als seine Worte, die natürlich auch wichtig sind, aber er war eher nicht so der große Theologe, er war der Praktiker des christlichen Lebens.
Im Nachhinein wird es immer klarer, wie diese Namenswahl das auch alles sehr geprägt hat: Sein Leben, sein Handeln als Papst, die Akzente, die er gesetzt hat und die sicher in der Kirche etwas in Bewegung gebracht haben. Was das alles für die Zukunft bringen wird, muss man sehen. Für Bewertungen und Beurteilungen ist es sicherlich jetzt noch zu früh. Aber diese Orientierung an Franz von Assisi, die ist an vielen Punkten bei ihm zu sehen gewesen.
Persönliche Franziskus-Erinnerung
Meine persönliche Erinnerung oder Verbindung mit Papst Franziskus ist noch die, als er 2013 hier gewesen ist, zum ersten Mal, und die Messe bei uns gefeiert hat, wo ich als Diakon assistieren durfte beim Papst. Das Evangelium vom Franziskus-Fest ist Matthäus 11, 29: ,Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir.' Und wir haben dazu ein Bild in der Basilika, ein Fresko von Giotto, das ich täglich hier den Menschen zeigen und deuten darf, wo Franz von Assisi mit dem Joch auf den Schultern steht. Das ist auch mein persönliches Lieblingsbild geworden mit den Jahren. Franz von Assisi, der sich von Gott führen lässt. Und da hat Papst Franziskus in seiner Predigt gesagt: ,Den Frieden Christi findet, wer Christi ,Joch auf sich nimmt`, nämlich sein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe. Dieses Joch kann man nicht mit Arroganz, mit Überheblichkeit, mit Hochmut tragen, sondern nur mit Gütigkeit und Herzensdemut.'"
(vatican news - sst)
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