Jesuit und Flüchtlingshelfer: „Ich danke dir für deinen Mut!“
Denn der deutsche Jesuitenbruder leitet seit fast zwei Jahren den Jesuiten-Flüchtlingsdienst, kurz JRS. Getroffen hat er seinen prominenten Mitbruder, den verstorbenen Papst, mehrmals. „Er ist immer wieder mal einfach zu uns zum Mittagessen gekommen, in die Kommunität in Rom – wie ein Verwandter oder Freund. Ein schöner Besuch! Und anschließend hat er jedes Mal Kaffee getrunken mit uns, und es gab ein Gespräch.“
Und dann waren da noch Begegnungen im kleinen Kreis, bei denen es um bestimmte Themen ging, zum Beispiel über die Berufung der Jesuitenbrüder; auch Schöpf selbst ist ja Bruder, aber nicht Pater. „Ich habe Papst Franziskus immer als jemanden erlebt, der ganz offen in diese Situationen geht; er kam nie und hat eine Rede gehalten oder ein Statement abgegeben, sondern hat immer gefragt: Was denkt ihr darüber? Und er hat uns aus seiner pastoralen und spirituellen Erfahrung auch mitgeteilt, wie er darüber denkt. Er war interessiert am Dialog und war sich sehr bewusst, dass nur Dialog zu besseren Lösungen führen kann.“
„Ein sehr spiritueller Mensch - mit einem universellen Blick auf die Welt“
Wie ist das denn so, einfach mal mit dem Papst einen Kaffee zu trinken? „Also man kann es kaum so sagen… Es ist ein ganz normaler Mensch. Es ist, wie mit Ihrem Onkel Kaffee zu trinken, Ihrem besten Freund, und ein interessantes Thema zu besprechen.“ Aber natürlich seien die Gespräche immer besonders interessant gewesen, denn der Verstorbene sei „ein sehr spiritueller Mensch“ gewesen und habe „vor allen Dingen diesen universellen Blick auf die Welt“ gehabt.
Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst arbeitet in fast sechzig Ländern unseres Planeten. Für Michael Schöpf war der argentinische Papst eine der wichtigsten Stimmen weltweit, die sich für Migranten und Menschen auf der Flucht eingesetzt haben. Migranten, Klimawandel, Miteinander der Religionen – das waren nach Schöpfs Diagnose die drei großen Themen des Pontifikats. „Ich glaube, dass alle drei Themen etwas gemeinsam haben: Er war interessiert an Frieden. Er wollte ein Friedensstifter sein und war sich sehr dessen bewusst, dass das nur möglich ist, wenn wir auch die Würde eines jeden anerkennen und auf dieser Basis zusammenleben können.“
Die Frage von Papst Franziskus war die Frage der Bibel: Wer ist dein Bruder?
Die Würde eines jeden anerkennen: Das müsste eigentlich auch für Migranten gelten. Doch die werden laut Bruder Schöpf – in Europa und in vielen anderen Teilen der Welt – gern „unsichtbar“ gemacht, etwa durch Abschiebehaft. Oder durch angestrengtes Wegsehen, um nicht mitzubekommen, wie Grenzschützer gegen sogenannte „Illegale“ vorgehen. „Franziskus war sich sicher Diese Unsichtbarmachung ist ein Mittel, um Menschen aus unserer Gemeinschaft zu entfernen! Und er hat sich sehr stark in Worten und in vielen Gesten dagegen gewandt. Denken Sie an die Reisen: Immer hat er genauso wie die Mächtigen Geflüchtete empfangen, ihnen Sichtbarkeit gegeben, mit ihnen gesprochen und ihren Anliegen die Bühne gegeben, die sie notwendig haben.“
Und genauso eindeutig habe sich Franziskus gegen die Tendenz gestemmt, Migranten zu „entmenschlichen“, sie als Schädlinge oder „Feinde einer Gemeinschaft“ zu bezeichnen. „Die Frage von Papst Franziskus in diesem Kontext war die Frage der Bibel: Wer ist dein Bruder? Und er wusste, dass dies eine Frage nicht für irgendjemand ist, sondern für mich und für dich! Deswegen hat er diesen Menschen nicht nur einen sichtbaren Platz in der Gemeinschaft gegeben – er hat auch ihre Würde verteidigt.“
Ausgerechnet Vance als letzter Gast...
Da ist es eine Ironie der Geschichte, dass Franziskus‘ letzte Audienz am Ostersonntag dem US-Vizepräsidenten Vance galt – dem Vertreter einer Regierung also, die rabiat gegen Migranten vorgeht und die zudem Mittel für Entwicklungshilfe in aller Welt rücksichtslos zusammengekürzt hat. „Es war offensichtlich, dass Vizepräsident Vance unbedingt den Papst treffen wollte… Ich glaube, es ist so: Selbst wenn Papst Franziskus schon gesundheitlich geschwächt war, wird er auf alle Fälle doch deutlich gewesen sein in seinem Austausch. Herzlich, aber deutlich. Er hat immer diese zwei Prinzipien beachtet: Wir müssen die Wahrheit auf den Tisch legen, und wir müssen uns um einen Dialog bemühen – auch mit Menschen, die eine völlig andere Weltordnung wollen, als er selbst sie wollte und als wir sie möchten.“
Wenn er ihn noch einmal hätte treffen können vor dem Tod, seinen Jesuiten-Mitbruder – was hätte Bruder Michael Schöpf dem Papst gesagt? „Ich hätte gesagt: Ich danke dir für deinen Mut!“
(vatican news – sk)
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