Parolin über neue Reform: „Dialog, Demut und Diplomatie“
Alessandro Gisotti und Mario Galgano - Vatikanstadt
Papst Franziskus hat mit einem Chirographen – einem persönlichen, handschriftlichen Dekret des Papstes – eine neue Ära für die Diplomatie des Heiligen Stuhls eingeleitet. Das Dokument mit dem Titel „Il Ministero petrino“ („Der petrinische Dienst“), unterzeichnet am 25. März und veröffentlicht am 15. April, reformiert die Päpstliche Akademie für kirchliche Diplomatie grundlegend – jene traditionsreiche Institution, die seit über 300 Jahren die Diplomaten des Vatikans ausbildet.
Kardinal Pietro Parolin, Staatssekretär des Vatikans und zugleich Protektor der Akademie, betont im Gespräch mit den vatikanischen Medien: „Die Akademie ist auch heute, Jahrhunderte nach ihrer Gründung, der Ort, an dem künftige Vertreter des Heiligen Stuhls mit einem missionarischen Geist ausgebildet werden – ein Geist, der keine Grenzen kennt.“
Akademische Grade verleihen
Die zentrale Neuerung: Die Akademie wird nun offiziell zu einem Institut für höhere akademische Bildung in Diplomatischen Wissenschaften erhoben. Das bedeutet, sie kann akademische Grade wie Lizenziat (entspricht einem Masterabschluss) und Doktorat (PhD) verleihen. Die Studiengänge umfassen juristische, historische, politologische, ökonomische und sprachliche Fächer – stets mit engem Bezug zu den kirchlichen Disziplinen und zur pastoralen Realität.
„Diese Reform ist weit mehr als ein akademisches Update“, erklärt Kardinal Parolin. „Papst Franziskus betont, dass es nicht ausreicht, reine Fachkenntnisse zu erwerben. Die künftigen Diplomaten der Kirche sollen einen Lebensstil und eine Arbeitsethik entwickeln, die sie dazu befähigen, die komplexen internationalen Beziehungen tief zu verstehen und in ihnen als glaubwürdige Zeugen des Evangeliums zu wirken.“
„Schule der Nuntien“
Die Päpstliche Akademie für kirchliche Diplomatie, oft als „Schule der Nuntien“ bezeichnet, wird damit auch strukturell stärker mit der römischen Kurie verzahnt. Die Ausbildung soll sowohl mit dem Arbeitsstil der Kurie als auch mit der Realität der Ortskirchen und der globalen Evangelisierung eng abgestimmt sein. Dabei werde der Dialog mit der zeitgenössischen Kultur und Gesellschaft ausdrücklich einbezogen, so Parolin.
Der Kardinal erinnert an die Worte des Papstes, der seine Diplomaten oft als „Priester mit dem Koffer“ bezeichnet – eine Metapher für ihre ständige weltweite Einsatzbereitschaft im Dienst von Kirche und Weltgemeinschaft. Ihre Aufgabe sei es nicht nur, an internationalen Debatten teilzunehmen, sondern aktiv „Brücken zu bauen“ und Perspektiven aufzuzeigen, die dem Gemeinwohl, der Gerechtigkeit, der Religionsfreiheit und dem Frieden dienen.
Gerade im Kontext globaler Krisen wie dem Krieg in der Ukraine oder im Gazastreifen wird deutlich, wie wichtig ein neues Verständnis von Diplomatie sei. Parolin macht klar: „Der päpstliche Diplomat ist nicht nur ein Verhandlungstechniker, sondern ein Brückenbauer, ein Friedensstifter, ein Zeuge der Hoffnung.“
Der Papst wolle mit dieser Reform sicherstellen, dass die vatikanische Diplomatie auch im 21. Jahrhundert relevant bleibe – nicht als weltfremder Apparat, sondern als glaubwürdige Stimme für Frieden, Dialog und Menschlichkeit. Parolin schließt mit dem Wunsch: „Möge diese neue Generation diplomatischer Priester der Vision des Papstes folgen – mit Kompetenz, Sensibilität und dem Geist des Evangeliums.“
Hintergrund
Ein Chirograph ist ein handschriftliches, persönlich unterzeichnetes Schreiben des Papstes. Es hat meist gesetzgebenden oder organisatorischen Charakter und zeigt eine besondere Nähe des Papstes zu dem behandelten Thema. Die Päpstliche Akademie für kirchliche Diplomatie (Pontificia Accademia Ecclesiastica) wurde 1701 gegründet und dient seither der Ausbildung von Klerikern, die später als Nuntien oder diplomatische Vertreter des Heiligen Stuhls tätig werden. Sie gehört zur vatikanischen Staatshierarchie und war traditionell stark juristisch geprägt – mit der Reform öffnet sie sich nun deutlich stärker auch kulturellen und sozialen Dimensionen.
(vatican news)
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