Vatikan bei Architektur-Biennale: Interaktiver Wiederaufbau
Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt
Der Vatikan-Pavillon für die international renommierte Architektur-Ausstellung steht unter dem Motto: „Opera Aperta" (Offenes Werk). Im Gebäudekomplex rund um die Kirche Santa Maria Ausiliatrice (Fondamenta S. Gioacchin, Castello 450), einem historisch und spirituell sehr bedeutenden Ort in Venedig, setzt der Vatikan dabei besonders auf Nachhaltigkeit, Interaktion und Gemeinschaft. Bei der Pressekonferenz diesen Mittwoch erklärte Kardinal José Tolentino de Mendonça, Präfekt des vatikanischen Dikasteriums für Kultur und Bildung, das den Beitrag zur Biennale verantwortet, dass Papst Franziskus` Sozial- und Umweltenzyklika „Laudato sì" eine Inspiration für den Vatikan-Pavillon war.
Laudato sì inspirierte Pavillon
„Angesichts enormer Herausforderungen wie der künstlichen Intelligenz und um sie weise zu lenken, sind wir aufgerufen, die kollektive und gemeinschaftliche Intelligenz wiederzuentdecken und zu stärken, die uns alle zu kreativen Protagonisten der sozialen Freundschaft macht, statt zu müden Wiederholern der Logik der Kontrolle, des Ausschlusses und der Ausmusterung. Die Enzyklika ,Laudato sì` ist einer der großen Texte des 21. Jahrhunderts, ein großartiger religiöser Text, aber auch ein kulturelles und politisches Manifest von großer Tragweite", führte der Kardinal aus.
Viel Frauenpower
Er berichtete, dass auch viel Frauenpower am Heiligen Stuhl-Pavillon beteiligt war. Bei der Pressekonferenz im Vatikan erläuterte Kuratorin Marina Otero Verzier, die per Video zugeschaltet war, dass der Vatikan-Beitrag ,Work in progress`zeigt: Es geht um nachhaltige, gemeinschaftliche Restauration und Wiedernutzung des Gebäudekomplexes rund um die Kirche Santa Maria Ausiliatrice vor den Augen und unter Einbeziehung der Besucher und örtlicher gemeinnütziger Vereine.
Architektur und Verantwortung
„Opera aperta ist ein Gemeinschaftsprojekt, das ein internationales Team und lokale Kollektive zusammenbringt. Gemeinsam wollen wir die Reparatur als kreative und radikale Praxis zurückgewinnen, die über die architektonische Form hinausgeht und Gemeinschaften, Institutionen, Ökosysteme und die fragilen Verbindungen zwischen ihnen fördert. Wir betrachten Architektur als einen Akt der Verantwortung und laden sowohl die Architektenschaft als auch die Gesellschaft im Allgemeinen dazu ein, sich auf die Verbesserung und Erhaltung der Umwelt und des sozialen Gefüges zu konzentrieren, anstatt sie zu ersetzen. Wir betonen die Notwendigkeit der Reparatur und Anpassung in einer Zeit der ökologischen Fragilität und des schnellen Konsums."
Gemeinsam Wandel bewirken
Kuratorin Giovanna Zabotti ergänzte, dass der Beitrag des Heiligen Stuhls auch einen gesellschaftlichen Wandel bewirken will.
„Es geht also auch darum, ein soziales Gefüge zu reparieren, denn oft tun Vereinigungen ähnliche Dinge, wissen aber nicht voneinander und schaffen es so nicht, einen Prozess in Gang zu bringen. Wir denken, dass Opera Aperta ein Vorbild sein kann, eine Gemeinschaft, die diesen Pavillon zum Leben erweckt. Die Arbeit all dieser Menschen muss über das Individuum hinausgehen, um ein gemeinsames Werk zu schaffen. Es muss einen Weg geben, die Intelligenz zu sammeln, über sich selbst hinauszugehen und die Gemeinschaft mehr in den Mittelpunkt zu stellen."
Die ersten Arbeiten im Heilig-Stuhl-Pavillon begannen diesen Mittwoch. Am Projekt beteiligt ist auch die mexikanische Architektin Tatiana Bilbao, die Architektur als „eine Form der Fürsorge für den Planeten" sieht. Sie beschreibt, was die Besucher des Vatikan-Pavillons bei der Architektur-Biennale 2025 erwartet: „Die Ausstellung verändert sich ständig, die Besucher werden den Fortschritt sehen. Der Haupteingangsbereich, die Kirche, ist ein zentraler Teil der Ausstellung. Wir werden dort eine tiefgreifende Aktivität haben, weil das Gebäude in seinem jetzigen Zustand dringend eine Restauration verschiedener Elemente benötigt. (...) Durchsichtige Netze werden ermöglichen, den Prozess der Restaurierung zu verfolgen und zugleich die Werke schützen, während sie repariert werden."
Kunst, Kultur, Kulinarisches
Geplant sind auch verschiedene Workshops, an denen sich die Besucher beteiligen können, es gibt aber auch Kooperationen mit dem Konservatorium von Venedig, denn als Teil des Projekts sollen Räume für Musiker geschaffen werden, aber auch Besucher können zu Instrumenten greifen, wenn sie möchten. Doch das sei noch längst nicht alles, verrät die ebenfalls am Projekt beteiligte und zur Pressekonferenz zugeschaltete Architektin Anna Puigjaner.
Musik und mehr
„Zum Beispiel wird es auch eine Harfe geben und Musikaufführungen. In Kooperation mit dem Konservatorium haben wir auch Instrumente ausgesucht, die sich gut ergänzen oder seltene Instrumente, um sie besser zugänglich zu machen. Neben diesen drei Räumen gibt es auch eine große Küche - eine Gemeinschafts-Küche und ein großer Tisch werden einen der größten Räume einnehmen. Wir hielten es für wichtig, Essen als Mittel zur Förderung sozialer Beziehungen einzusetzen. Wir gehen davon aus, dass informelle Gespräche beim Essen den Wissenstransfer erleichtern werden. Diejenigen, die an der Arbeit als Restauratoren teilnehmen, werden ihre Zeit und ihr Essen mit den Teilnehmern der Workshops und den Besuchern teilen. Der Esstisch wird zu einem Ort des Austauschs."
Über die Biennale hinaus wirken
Laut Kardinal José Tolentino de Mendonça hat der Heilige Stuhl einen Vier-Jahres-Vertrag mit der Stadt Venedig zur Nutzung des Areals rund um die Kirche Santa Maria Ausiliatrice in Venedig geschlossen. Eine der Vorgaben war, Kultur und soziale Initiativen zu fördern. Das Projekt solle auch nachhaltig sein, betonte der Kardinal und über die Biennale hinaus wirken - alles ganz im Einklang mit der Enzyklika „Laudato si" von Papst Franziskus. Das katholische Kirchenoberhaupt, dass sich derzeit von einer schweren Atemwegserkrankung im Vatikan erholt, „inspiriert die Kirche weiterhin, und dieser Pavillon ist ein Besipiel dafür, wie Papst Franziskus Worte die Kirche weiter leiten", betonte der Biennale-Verantwortliche des Vatikans. Mendonça dankte auch dem Hauptsponsor, einer italienischen Bank, für die Unterstützung der Arbeiten des Vatikan-Pavillons bei der Architektur-Biennale 2025.
(vatican news - sst)
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