Nordirak: Christen hoffen auf Zukunft in der Heimat
Bischöfe verschiedener Kirchen im Nordirak sorgen sich um die Zukunft ihrer Mitglieder in der angestammten Heimat. Viele Christen hätten wirtschaftliche Probleme, junge Menschen kaum berufliche Perspektiven, so der chaldäische Bischof von Dohuk, Azad Sabri. In Karakosch findet der syrisch-katholische Bischof Benedictos Younan Hano drastische Worte für die Lage der im Irak lebenden Christen. Es sei teils schlimmer als in IS-Zeiten.
Freilich mache es einen Unterschied, ob die Christen im Gebiet der Autonomen Region Kurdistan, mit eigener Regierung und eigenem Parlament in Erbil, oder unter der irakischen Bagdader Regierung leben, betonen die Gesprächspartner. Bischof Benedictos: „Der Irak ist gar nicht sicher. Wir erleben eine schwierige Periode und hoffen auf bessere Zeiten, um bleiben zu können." Viele Christen verlassen weiter das Land. Auch Bischof Azad spricht von einer „ungewissen Zukunft". Für viele Christen sei Auswanderung eine Option, besonders wenn sie schon Verwandte im Ausland haben.
Auswanderungswelle befürchtet
Bischof Azad erzählt der kleinen ICO-Delegation, die in den Nordirak reiste, dass viele Menschen die Kredite nicht zurückzahlen können, die sie zum Aufbau der von der islamistischen Terrororganisation IS (Daesh) zerstörten Häuser aufgenommen haben. Inzwischen helfen NGOs aus verschiedenen Staaten und aus unterschiedlichen christlichen Gemeinschaften auf der Basis von Kofinanzierung. Konkret werde bei Treibstoff und Transporten in Schulen und an Arbeitsplätze geholfen.
Beklagt wird auch der Rückgang von Hilfsgeldern internationaler Organisationen, von der UNO-Organsation UNICEF bis zu karikativen US-Institutionen. Das Verhältnis der Christen zu US-Präsidenten Donald Trump, der auch internationale Hilfsgelder reduzieren ließ, ist gespalten. Zustimmung und Ablehnung von Trump - das lässt sich auch aus Gesprächen mit hohen christlichen Geistlichen herauslesen.
Mosul: Denkwürdiger Besuch von Papst Franziskus 2021
Fazit: „In Mosul gibt es jetzt weniger Christen", so Bischof Azad. Dort sei auch eine Diskriminierung der Christen spürbar. Die Autonome Regierung in Kurdistan hingegen betonte immer die Unterstützung für die Christen, doch vor Ort gebe es oft keine entsprechende Umsetzung nötiger Maßnahmen. Der chaldäische Bischof erinnert an den denkwürdigen Besuch von Papst Franziskus in Mosul 2021. Doch die Mentalität der Muslime gegenüber den Christen habe sich seither nicht gebessert. Hassparolen und Postings nähmen kein Ende. Fazit: „Mosul ist seit Langem als Extremistennest bekannt."
Von Ort zu Ort variieren die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung, betont Bischof Benedictos. Auch in Bagdad gebe es demografische Veränderungen. Oft treten die Bischöfe nicht entschieden genug vor den Behörden auf, merkt er an. Menschen, die in Kurdistan arbeiten, könnten „ihren Nationalismus ausleben. Sie arbeiten für ihre Heimat". In Bagdad sei dies nicht so. Im Falle einer Emigration sei heute Australien das Hauptzielland. Nicht zuletzt deswegen, weil in ganz Europa die Einreise für Flüchtlinge erschwert wurde. Man wünsche sich eine gesamteuropäische Lösung unter den Staaten.
Delegation aus Österreich berichtet
Die Delegation aus Österreich besuchte mehrere Projekte, die Aus- und Fortbildung von Christen im Fokus haben. In einem mehrsprachigen Kindergarten bei Zakho, wo die ICO Hilfe leistet, wird neben Arabisch und Kurdisch auch Englisch gelehrt. Die ökumenisch ausgerichtete Organisation Christian Aid Program Northern Iraq CAPNI, seit 2018 auch Kooperationspartner der ICO, trainiert Jugendliche für berufliche Ausbildung und berät Bauern in Sachen Klimawandel. Das Verhältnis zur Autonomie-Regierung sei gut, doch leiste diese keine finanzielle Hilfe, so ein CAPNI-Vertreter. Auch das Spendenaufkommen gehe zurück.
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