Steinmeier: Papst lebte „Kirche der Barmherzigkeit“ vor
Anne Preckel - Vatikanstadt
„Er war ein Papst, der die Menschen berührt hat, der ihre Herzen geöffnet hat“, formulierte der Politiker gegenüber Journalisten kurz nach dem Requiem am Samstag. „Und ich denke an seine Bescheidenheit, seine Spontaneität, seinen Humor, seinen tiefen Glauben, aber auch das Plädoyer für Barmherzigkeit.“
Kirche der Barmherzigkeit vorgelebt
Dabei habe sich Franziskus vor allem Menschen am Rande und Ausgegrenzten zugewandt, die „seiner Sorge, ja sogar Liebe sicher sein durften“, so Steinmeier: „Das hat er eigentlich vom ersten Tag seines Dienstes im Amt des Bischofs von Rom gezeigt. Mit Besuchen, die auch in der Kirche nicht unumstritten waren, mit Besuchen in Lampedusa, in Gefängnissen, in Flüchtlingseinrichtungen, bei Obdachlosen und vielen anderen, die sich vergessen fühlten, die am Rande der Gesellschaft stehen.“
Dass sich die Kirche um solche Menschen kümmern müsse, habe Franziskus deutlich gemacht. „Eine Kirche der Barmherzigkeit, das ist es, was er gefordert hat, was er gelebt hat, was er anderen vorgelebt hat.“
Besonderes Interesse auch für die deutsche Kultur
Steinmeier erinnerte an intensive Gespräche und Begegnungen, die er in den letzten sieben Jahren mit dem argentinischen Papst gehabt habe und die ihn sehr bereichert hätten, wie Steinmeier sagte. „Ich zähle mich zu den Glücklichen, die die Gelegenheit hatten, ihnen mehrere Male zu treffen.“
Dabei habe er auch ein besonderes Interesse dieses Papstes für Deutschland wahrgenommen. „Ich war beeindruckt von der Neugier und von dem Interesse, was er auch Deutschland entgegengebracht hat. Und ich habe ihn kennengelernt als jemanden, der ganz besonders deutsche Dichtung, deutsche Musik lebte und deshalb auch den Deutschen ganz zugewandt war.“
Franziskus habe Kraft und Hoffnung gespendet und sei ein Vorbild gewesen, so Steinmeier. „Wir werden ihn in unserer Erinnerung bewahren und auf immer dankbar sein.“
Trauer, keine Beerdigungsdiplomatie
Die Trauerfeier für Franziskus vom Samstag bezeichnete der Politiker als „bewegend“. Was der Papst den Menschen wirklich bedeutet haben, das habe man in den letzten Tagen in Rom sehen können, so Steinmeier mit Verweis auf den großen Andrang bei den Trauerfeierlichkeiten und die Schlangen am Petersdom bei Tag und Nacht.
Der Bundespräsident dämpfte Erwartungen, dass es bei den Ereignissen in Rom, zu denen viele Staatschef angereist sind, zu diplomatischen Durchbrüchen kommen könne. „Ich glaube, wir sollten nicht vergessen: das hier ist in erster Linie eine Trauerfeier gewesen, und wir sollten nicht zu viele Erwartungen in eine sogenannte Beerdigungsdiplomatie setzen. Natürlich - diejenigen, die sich untereinander kennen, begegnen sich hier, und es ist Gelegenheit für kurze Gespräche, aber eigentlich möchte ich davon abraten, zu erwarten, dass hier am Rande dieser Trauerfeierlichkeit große Außenpolitik betrieben wird.“
Das italienische Fernsehen hatte am Samstag Fotos aus dem Inneren des Petersdoms gezeigt, auf denen zu sehen war, wie sich im Stehen Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und der britische Premier Keir Starmer mit den Präsidenten Trump und Selenskyj unterhalten. Weitere Bilder zeigten ein offenbar intensives Gespräch, das allein Selenskyj und Trump aus zwei Stühlen einander gegenüber sitzend miteinander führten. Sowohl Selenskyj als auch Trump bezeichneten ihren Austausch vom Samstag laut Medienberichten im Anschluss als positiv.
„Ich hatte nicht den Eindruck, dass jetzt großartige Treffen am Rande oder nach der Trauerfeier vereinbart waren“, so Steinmeier am Samstag unmittelbar nach der Trauerfeier vor Journalisten. „Insofern müssen wir darauf setzen, dass Europas Interessen in Washington gehört werden, nicht nur auf dieser Trauerfeier, sondern auch jenseits davon.“
Über 150 offizielle Delegationen nahmen an der Trauerfeier auf dem Petersplatz teil, darunter zahlreiche Staats- und Regierungschefs. Aus Russland war Kulturministerin Olga Ljubimowa teil; für die russisch-orthodoxe Kirche war der Leiter ihres Außenamtes, Metropolit Antonij, vor Ort.
Von der Leyen: Vermächtnis der Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Hoffnung
Wie Steinmeier würdigte auch die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Franziskus‘ Vorbild und sprach von „einem Vermächtnis der Barmherzigkeit, der Gerechtigkeit und der Hoffnung. Es wird weiterhin den Weg erleuchten“, so von der Leyen.
Franziskus habe „daran erinnert, dass die Liebe die Ränder erreichen muss, und er hat die weniger Glücklichen umarmt“, schrieb von der Leyen am Samstag im Onlinedienst X. Dazu gehörten die Vertriebenen, die Vergessenen und Menschen ohne Stimme.
Das Vermächtnis des Papstes sei schrieb von der Leyen nach der Totenmesse auf dem Petersplatz im Vatikan, an der sie teilgenommen hatte. „Papst Franziskus hat Brücken gebaut. Mögen wir sie beschreiten.“
(vatican neews – pr)
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